Umsatzsteuerbetrug auf Online-Marktplätzen – Gesetzentwurf muss nachgebessert werden!


Der Handel über Online-Marktplätze hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Auch immer mehr internationale Anbieter aus Drittstaaten wie China oder Indien vertreiben so ihre Waren direkt an Kunden in Deutschland. Häufig kennen ausländische Verkäufer allerdings die gesetzlichen Regelungen im Zielland nicht – oder sie ignorieren diese. Neben Vorschriften zu Produktsicherheit oder Verpackungen betrifft dies auch steuerliche Vorgaben. Viele Produkte werden deshalb verkauft, ohne die fällige Umsatzsteuer abzuführen.

Wettbewerbsverzerrungen treffen inländische Händler

Dadurch kommt es nicht nur zu Steuerausfällen für den Fiskus, sondern auch zu Wettbewerbsverzerrungen zulasten inländischer Händler und Hersteller, die ihre Ware zu einem Preis inklusive der gesetzlichen Mehrwertsteuer anbieten müssen. In der Regel sind das 19 Prozent – also ein erheblicher Aufschlag! Ab 2021 soll eine EU-Richtlinie hier für mehr Gerechtigkeit sorgen.

Problem erkannt

Die Bundesregierung will die bestehenden Wettbewerbsnachteile bereits früher beseitigen. Dazu hat das Bundesfinanzministerium einen Entwurf für eine entsprechende Regelung vorgelegt. Danach können Marktplatzbetreiber für die Steuerschuld der Anbieter haftbar gemacht werden, sofern sie vom Umsatzsteuerbetrug Kenntnis hatten – oder hätten haben müssen. Letzteres wird vermutet, wenn einem Plattformanbieter keine Bescheinigung des Finanzamtes darüber vorliegt, dass ein Händler „steuerlich zuverlässig“ ist. Ohne eine solche Bescheinigung müssen Plattformen Händler vom Marktplatz ausschließen – oder sie haften für dessen Umsatzsteuer. Zudem müssen Plattformbetreiber umfangreiche Dokumentationspflichten erfüllen – z. B. zu Umsätzen und Firmenangaben der Anbieter.

Über das Ziel hinaus

Mit dem Gesetzentwurf wird eine wichtige Forderung des DIHK aufgegriffen, der sich wiederholt für eine konsequente Bekämpfung des Umsatzsteuerbetruges auf Plattformen ausgesprochen hat. Allerdings schießen die nun vorgeschlagenen Maßnahmen deutlich über das Ziel hinaus. So sollen künftig alle Händler eine Bescheinigung des Finanzamts vorlegen, also auch inländische Händler, obwohl diese bereits in Deutschland steuerlich erfasst sind und regelmäßig geprüft werden. Sinnvoll wäre es, nur Händler aus Drittstaaten zu erfassen, weil der deutsche Fiskus auf diese nur eingeschränkt Zugriff hat.

Umsetzungsfrist zu kurz

Das Gesetz soll bereits zum Jahresbeginn 2019 in Kraft treten. Das Gesetzgebungsverfahren wird aber voraussichtlich erst Mitte Dezember 2018 abgeschlossen. Bis Jahresende müssten für mindestens 200.000 Anbieter entsprechende Bescheinigungen ausgestellt und verarbeitet werden. Das aber ist innerhalb von zwei Wochen weder von den Finanzämtern noch den Plattformanbietern zu leisten. Um das Haftungsrisiko zu vermeiden, müssten die Plattformbetreiber damit wohl fast alle Anbieter von ihren Markplätzen ausschließen. Für die betroffenen Anbieter würden erhebliche Nachteile entstehen, wenn sie am 1. Januar 2019 – und damit mitten im wichtigen Nach-Weihnachtsgeschäft – von den Plattformen genommen würden. Neben wichtigen Detailkorrekturen im vorliegenden Gesetzentwurf sollte deshalb das Inkrafttreten auf den 1. Juli 2019 verschoben werden. Zudem: Trotz aller Bekenntnisse zur Digitalisierung kann die Finanzverwaltung entsprechende Anträge und Bescheinigungen noch nicht digital bearbeiten. Hier besteht erheblicher Handlungsbedarf. Das würde auch die im Gesetzentwurf viel zu niedrig kalkulierten Bürokratiekosten deutlich senken.

Quelle: DIHK, Mitteilung vom 26.07.2018