Es liegt in der Regel eine Pauschalpreisvereinbarung vor, wenn auf den Gesamtpreis, der sich aus der Zusammenrechnung der Einzelpositionen ergibt, ein Rabatt gewährt wird.
Am 26.11.2012 kaufte der beklagte Münchner bei einem Spezialgeschäft für Einbauküchen in München eine Einbauküche mit Kochinsel zum Preis von 19.000 Euro. Der Beklagte erfüllte sich und seinem Lebensgefährten damit einen lang ersehnten Traum. Ursprünglich hatte er sich ein Budget von 15.000 Euro gesetzt, nach längeren Verhandlungen akzeptierte er jedoch den Endpreis von 19.000 Euro. Der Verkäufer räumte ihm die Möglichkeit ein, die Küche erst im Jahr 2013 mit einer Lieferzeit von acht Wochen abzurufen. Als der Beklagte einige Monate später die Küche abrief, war das vorgesehene Kochfeld nicht mehr lieferbar, so dass schließlich ein Höherwertiges eingebaut wurde. Außerdem stellte sich heraus, dass die Rückwandverkleidung der Insel-Unterschränke bei Auftragserteilung versehentlich nicht im Leistungsverzeichnis enthalten war.
Am 10.06.2013 stellte die Küchenfirma die Schlussrechnung über 19.803 Euro. Zu den bereits vereinbarten 19.000 Euro wurden 225 Euro zusätzlich für die Rückwandverkleidung, 200 Euro für das höherwertige Kochfeld und zusätzliche 378 Euro für eine Nischenrückwand mit Steckdosenausschnitten berechnet. Der Beklagte bezahlte dann insgesamt 19.378 Euro. Am 18.10.2013 erhielt er eine weitere Rechnung über 213,64 Euro für nachbestellte Materialien und Montage der Dachschrägenverkleidung. Der Beklagte weigerte sich, die Mehrkosten für das Kochfeld die Rückwand- und Dachschrägenverkleidung in Höhe von insgesamt 638,64 Euro zu bezahlen. Daraufhin verklagte ihn die Küchenfirma auf Zahlung des Restbetrages.
Die Küchenfirma ist der Meinung, dass die Verblendung der Dachschräge nicht vom Auftrag umfasst war und der Beklagte im Übrigen mit den Mehrkosten einverstanden gewesen sei. Er habe nämlich am 24.05.2013 folgende E-Mail geschrieben: Um weitere unliebsame Überraschungen auszuschließen: Können Sie uns bitte bestätigen, dass der Gesamtpreis keinesfalls mehr als die 19.425 Euro (19.000 Euro laut Vereinbarung, 225 Euro für die von Ihnen übersehene Rückwand, 200 Euro für das hochwertigere Kochfeld) betragen wird …“.
Die zuständige Richterin am Amtsgericht München hat die Klage abgewiesen. Der Beklagte muss keine weiteren 638,64 Euro bezahlen.
Das Gericht stellt fest, dass es sich bei dem Vertrag um einen Werkvertrag handelt, da die Küchenfirma die Einbaumöbel und -geräte nach einem auf den Grundriss der Küche abgestellten Einbauplan zu liefern, einzupassen und anzuschließen hatte. Das Gericht ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die Parteien eine Pauschalpreisvereinbarung getroffen haben. Bei einem Pauschalpreisvertrag soll der Erfolg, also das Werk als Ganzes, durch den vereinbarten Pauschalpreis honoriert werden. Ob ein Pauschalpreis vereinbart wurde, muss das Gericht durch Auslegung ermitteln. Dabei ist maßgebend, ob die Parteien das Risiko von Zusatzkosten dem Unternehmer zuweisen wollten. Wird ein Preis dadurch ermittelt, dass Einzelpositionen zusammengerechnet und dann die Gesamtsumme abgerundet wird, also ein Rabatt gewährt wird, dann könne das dafür sprechen. Im vorliegenden Fall wurden bei den Kaufverhandlungen zunächst die einzelnen Positionen zusammengerechnet. Dann war dem Beklagten der Gesamtpreis zu hoch und er wollte auf die Kochinsel verzichten und eine günstigere Küche suchen. Schließlich gewährte der Verkäufer auf die ursprünglich errechnete Gesamtsumme einen Rabatt, so dass man sich schließlich auf den Endbetrag von 19.000 Euro einigte. Das Gericht ist der Überzeugung, dass es für die klagende Küchenfirma erkennbar war, dass der Beklagte nicht mehr Geld, als vereinbart, ausgeben wollte. Das Gericht kommt weiter zu dem Ergebnis, dass die Kosten der Dachschrägenverblendung in dem Pauschalpreis enthalten sind, da darüber bei den Vertragsverhandlungen gesprochen worden ist. Von einem Laien könne nicht erwartet werden, dass er erkennt, dass die Material- und Montagekosten nicht in das Leistungsverzeichnis aufgenommen wurden. Die Tatsache, dass der Beklagte die Mehrkosten in Höhe von 378 Euro für die Nischenrückwand mit Steckdosenleiste freiwillig bezahlt hat, führe nicht dazu, dass man nicht von einem Pauschalpreis ausgehen könne. Der Beklagte und sein Lebensgefährte haben dem Gericht nachvollziehbar erklärt, dass sie dachten, dass diese Kosten nachträglich durch sie veranlasst worden seien. Eine Vertragsänderung habe sich auch nicht aus der E-Mail des Beklagten ergeben, in der er von der Küchenfirma die Bestätigung anforderte, dass der Gesamtpreis nicht über 19.425 Euro liegen wird. Denn die Küchenfirma bestätigte diese Anfrage mit der Einschränkung „außer natürlich der nachbestellten Materialien“ und meinte damit, dass die Kosten für die Dachschrägenverkleidung noch vom Beklagten zu tragen sind. Damit hat die Küchenfirma das „neue“ Angebot des Beklagten, 19.425 Euro zu zahlen, nicht akzeptiert. Die ursprüngliche Vereinbarung über pauschal 19.000 Euro bestand fort.
Das Urteil ist rechtskräftig.
Quelle: AG München, Pressemitteilung vom 19.06.2015 zum Urteil 159 C 7891/14 vom 16.12.2014 (rkr)