Für die Behandlung einer chronischen Schmerzerkrankung stehen vorrangige und zumutbare Alternativen zur Verfügung, die von der gesetzlichen Krankenversicherung zu finanzieren sind.
Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen hat im Eilverfahren eine Ablehnungsentscheidung des Sozialamts bestätigt, mit der einem Empfänger von Grundsicherungsleistungen die Versorgung mit „Medizinal-Cannabisblüten“ verweigert wurde. Der Senat hat eine insoweit zusprechende Entscheidung des Sozialgerichts Dortmund geändert.
Der 31-jährige nicht erwerbsfähige Antragsteller leidet nach einem Badeunfall mit einem Bruch in Höhe der Halswirbelsäule und einem Schädel-Hirn Trauma unter einer dauerhaft ausgeprägten Schmerzsymptomatik. Er wird von seinem Arzt aufgrund einer Erlaubnis nach dem Betäubungsmittelgesetz mit „Medizinal-Cannabis“ zur Schmerzbekämpfung versorgt. Ob die Krankenkasse hierfür in einem bestimmten Mindestumfang leistungspflichtig ist, ist Gegenstand eines anderen Rechtsstreites.
Der Antragsteller hat die Finanzierung einer weitergehenden monatlichen Dosis von 94g Cannabisblüten mit Kosten i. H. v. jeweils 1.566,36 Euro beim städtischen Sozialamt erfolglos beantragt. Seinem Eilantrag auf Übernahme der Kosten hat das Sozialgericht Dortmund stattgegeben. Aus der Stellungnahme des behandelnden Arztes sei zu entnehmen, dass zur Cannabis-Therapie keine Alternativen bestünden. Der 9. Senat des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen hat auf Beschwerde des Sozialamts diese Entscheidung aufgehoben. Der Senat hat ausdrücklich offen gelassen, ob eine Finanzierung aus Mitteln der Sozialhilfe überhaupt zulässig sei, wenn ein Arzneimittel betroffen sei, das nicht zum anerkannten Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung gehöre. Jedenfalls sei die Versorgung des Antragstellers mit Medizinal-Cannabisblüten nicht unabweisbar. Es bestehe eine vorrangige und zumutbare Behandlungsalternative, die von der Krankenkasse zu erbringen sei. Für die Schmerzerkrankung des Antragstellers stehe eine interdisziplinäre multimodale Schmerztherapie zur Verfügung, die bislang nicht einmal ansatzweise stattgefunden habe. Vor diesem Hintergrund sei die pauschale Befürwortung einer Erhöhung der Dosis an Cannabisblüten durch den behandelnden Arzt „geradezu verantwortungslos“.
Die Entscheidung ist im Eilverfahren nicht weiter anfechtbar.
Quelle: LSG Nordrhein-Westfalen, Pressemitteilung vom 28.12.2016 zum Beschluss L 9 SO 631/15 vom 15.12.2016