Das Sozialgericht Trier hat in zwei Beschlüssen einen Anspruch auf Versorgung einer 30-jährigen Hartz-IV-Empfängerin mit Cannabis-Blüten (monatlich 45 Gramm zum Apothekenabgabepreis von über 700 Euro) zur Behandlung ihrer Gesundheitsstörungen abgelehnt. Es handele sich weder um einen berücksichtigungsfähigen Mehrbedarf eines Leistungsempfängers nach dem SGB II, noch um eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung.
Zur Behandlung der zahlreichen Krankheitsbilder der Antragstellerin (u. a. ADHS, Morbus Crohn, Untergewicht und Schmerzen) stünden eine ganze Palette allgemein anerkannter, dem medizinischen Standard entsprechender Leistungen und Leistungserbringer zur Verfügung. Der ärztlich empfohlene Cannabis-Konsum könne daher nicht als alternativlose neue Behandlungsmethode angesehen werden. Nach dem Gesetz dürften neue Behandlungsmethoden zu Lasten der Krankenkassen in der vertragsärztlichen Versorgung generell nur erbracht werden, wenn zuvor der Gemeinsame Bundesausschuss entsprechende Empfehlungen abgegeben oder der Gesetzgeber ausdrücklich entsprechende Normierungen vorgenommen habe. Beides sei bislang nicht erfolgt.
Zwar gebe es aktuell politische Bestrebungen, diese Gesetzeslage für den Bereich der Krankenversicherung zu ändern; nach einem vorliegenden Referentenentwurf des Bundesministeriums für Gesundheit sei beabsichtigt, in Zukunft eine betäubungsmittelrechtliche Verschreibungsfähigkeit für weitere Cannabis-Arzneimittel herzustellen. Dabei handele es sich aber nicht um geltendes Recht, sondern um rechtspolitische Zukunftspläne. Die (Sozial-)Gerichte seien nicht befugt, dem Gesetzgeber insoweit vorzugreifen, zumal noch nicht einmal feststehe, ob, wann und mit welchem konkreten Regelungsgehalt die beabsichtigten Bestimmungen jemals in Kraft treten.
Quelle: SG Trier, Pressemitteilung vom 29.04.2016 zu den Beschlüssen S 5 KR 68/16 ER vom 26.04.2016 und S 5 AS 47/16 vom 30.03.2016